Georges Mischo: "Der soziale Dialog wird nicht verschwinden, auch wenn wir streiten"

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In einem ausführlichen Interview mit dem Tageblatt hat der luxemburgische Arbeitsminister Georges Mischo versucht, die Arbeitsreformen zu erklären, die eine Welle von Gewerkschaftsprotesten und Spannungen innerhalb der regierenden CSV-DP-Koalition selbst ausgelöst haben. Vor dem Hintergrund der Vorbereitungen für eine Großdemonstration am 28. Juni rief der Minister zu einer pragmatischeren Sichtweise der Veränderungen auf.
Einer der Hauptkritikpunkte der Gewerkschaften war die Absicht, das Recht auf Tarifverhandlungen zu revidieren, insbesondere in kleinen Unternehmen. In Unternehmen ohne gewerkschaftlich organisierte Zellen können die Arbeitszeiten jedoch direkt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geregelt werden.
Ebenso umstritten war der Gesetzentwurf zur Liberalisierung der Sonntagsarbeit, mit dem die Arbeitszeit im Handel auf acht Stunden verlängert werden soll. Die Gewerkschaften sahen darin eine Gefahr für das Sozialmodell, doch der Minister ist zuversichtlich: "Das ist keine Verpflichtung, sondern eine Chance. Niemand zwingt jemanden, am Sonntag zu arbeiten".
Mischo stellte einen besorgniserregenden Trend fest: die wachsende Diskrepanz zwischen der Zahl der Arbeitslosen und der Zahl der offenen Stellen. Er betonte, dass sich der Arbeitsmarkt an die neuen Bedingungen anpassen müsse, wobei die Flexibilität der Arbeitszeiten ein Schlüsselfaktor sein könne.
Unabhängig davon wies er auf die Schwierigkeiten hin, die Idee einer Erhöhung der Tarifbindung auf 80 Prozent voranzutreiben, ein Ziel, das durch die EU-Mindestlohnrichtlinie vorgegeben ist. Das Schicksal der Richtlinie selbst bleibt jedoch nach einer Anfechtung vor dem Europäischen Gerichtshof ungewiss.
Obwohl es bei CSV unterschiedliche Ansichten zu Arbeitsfragen gibt, besteht der Minister darauf: "Unterschiedliche Ansichten sind nicht trennend." In seiner Art verglich er die Situation mit dem Fußball: "Es gibt 670.000 Trainer in Luxemburg und die gleiche Anzahl von Arbeitsministern". Und fügte hinzu, dass er weder mit Parteikollegen noch mit den Gewerkschaften Konflikte habe.
Mit Blick auf die Kritik von Premierminister Luc Frieden am traditionellen luxemburgischen Korporatismus sagte Mischo: "Das Sozialmodell bleibt wichtig. Seine Teilnehmer müssen sich nur daran gewöhnen, dass neue Leute in der Regierung sitzen, die einen anderen Ansatz haben."
Georges Mischo zeigte sich zuversichtlich, dass auch nach akuten Konflikten gemeinsame Lösungen gefunden werden können. Er bestätigte seine Teilnahme an den vom Premierminister angekündigten neuen sozialen Verhandlungsformaten und betonte: "Es ist wichtig, nicht nur zu streiten, sondern einen echten Kompromiss im Interesse des Arbeitsmarktes und der sozialen Stabilität Luxemburgs zu suchen."