Die europäische Industrie verliert an Schwung

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Nach einem moderaten Rückgang im Jahr 2023 (-1,4 %) ist die Industrieproduktion in der EU im Jahr 2024 erneut negativ und sinkt real um weitere 2 %. Dies ist ein beunruhigendes Zeichen, insbesondere vor dem Hintergrund des vorherigen Wachstums: 2021 stieg das Volumen nach dem Zusammenbruch der Pandemie um 8,5 % und 2022 um bescheidene 0,3 %.
In nominalen Preisen ist der Rückgang ebenfalls erheblich: von 5,975 Billionen Euro im Jahr 2023 auf 5,86 Billionen Euro im Jahr 2024. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass unter den 10 wichtigsten Sektoren des verarbeitenden Gewerbes nur die pharmazeutische Industrie wuchs (+12,7 % auf 263 Mrd. EUR). Im Vergleich dazu sank die Produktion von Elektrogeräten um 8,6 Prozent, von Fahrzeugen um 6,4 Prozent, von Maschinen um 4,7 Prozent und von Metallurgie und Metallverarbeitung um 4,3 Prozent.
Dieser Rückgang lässt sich durch mehrere Faktoren gleichzeitig erklären. Erstens die nachlassende Nachfrage nach Industriegütern in der EU und darüber hinaus, unter anderem aufgrund von geopolitischer Instabilität und Unterbrechungen der Lieferketten. Zweitens braucht der Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft Zeit und erfordert erhebliche Investitionen, insbesondere in energieintensiven Sektoren wie der Metall- und Chemieindustrie. Auch der Inflationsdruck und die steigenden Zinssätze schrecken weiterhin von Modernisierungsinvestitionen ab.
Wie Eurostat feststellt, ist das Muster des Rückgangs jedoch uneinheitlich. Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren stiegen um 1,8 Prozent (auf 1,081 Billionen Euro), während die chemische Industrie um 1,5 Prozent (auf 462 Milliarden Euro) zulegte. Dies zeigt, dass die Verbrauchernachfrage in diesen Sektoren auch angesichts der Turbulenzen unverwüstlich bleibt.
Vor dem Hintergrund des Abschwungs in der Schwerindustrie sieht der Pharmasektor fast wie ein Aushängeschild für nachhaltiges Wachstum aus: 263 Mrd. € gegenüber 234 Mrd. € im Jahr zuvor. Dies ist vor allem auf die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie, eine alternde Bevölkerung und anhaltende Investitionen in die Medizintechnik zurückzuführen.
Aus historischer Sicht erlebt die EU-Industrie nicht ihre erste turbulente Phase. Ein zweijähriger Produktionsrückgang ist jedoch ein untypisches und besorgniserregendes Phänomen. Experten warnen: Sollte sich der Trend bis 2025 fortsetzen, könnte dies negative Auswirkungen auf die Beschäftigung und die Investitionstätigkeit in wichtigen europäischen Regionen haben.