Erwerbsunfähigkeitsrente in der EU: Wer sie bekommt und warum sie wichtig ist

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Nach den neuesten Eurostat-Daten für das Jahr 2023 erhalten 4,6 Prozent der Einwohner der Europäischen Union im Alter von 50 bis 74 Jahren eine Invaliditätsrente. Dabei handelt es sich um Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten oder mehr als den gesetzlichen Mindestlohn verdienen können, aber noch nicht das Rentenalter erreicht haben. Solche Renten werden vom Staat als eine Form des sozialen Schutzes in Situationen gewährt, in denen die Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist, das Alter aber noch keine regelmäßigen Rentenzahlungen zulässt.
Nach denselben Daten erhalten 45,1 % der Einwohner dieser Altersgruppe bereits eine Altersrente. Die große Mehrheit von ihnen ist nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters in den Ruhestand getreten, und 0,8 % beziehen gleichzeitig eine Regel- und eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Somit ist fast jeder zweite Europäer zwischen 50 und 74 Jahren aus dem aktiven Arbeitsmarkt ausgeschieden und lebt von staatlichen Leistungen.
Die demografische Struktur der Rentenempfänger ändert sich natürlich mit dem Alter. Bis zum Alter von 60 Jahren sind Invaliditätsrentner am häufigsten vertreten. Nach dem 60. Lebensjahr nehmen die Altersrentner einen immer bedeutenderen Platz ein. Im Alter von 70 Jahren erhalten fast alle Männer (97,2 %) und Frauen (89,5 %) in dieser Altersgruppe eine Standardrente, was den Übergang zur letzten Phase der Erwerbstätigkeit im Leben eines Menschen widerspiegelt.
Die Eurostat-Daten zeigen jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Den höchsten Prozentsatz an Beziehern von Invaliditätsrenten verzeichnet Estland mit 11,5 %. Fast genauso hoch ist der Anteil in Dänemark (10,1 %) und Litauen (9,1 %). Dies ist ein Beleg für ein breit gefächertes Sozialschutzsystem, in dem der Staat eine aktive Unterstützung für diejenigen übernimmt, die ihre Arbeitsfähigkeit teilweise oder vollständig verloren haben.
In den südlichen EU-Ländern ergibt sich ein ganz anderes Bild. In Zypern erhalten nur 1,9 % der Bevölkerung im angegebenen Alter eine Invaliditätsrente, in Malta 2,2 % und in Griechenland 2,5 %. Diese Zahlen können auf strengere Anspruchskriterien, eine geringere Prävalenz rentenfähiger Diagnosen oder eine mangelnde Sichtbarkeit im öffentlichen Diskurs hinweisen.
Betrachtet man den Gesamtanteil der Rentner, so liegt Polen an der Spitze der EU, wo 56,2 % der 50- bis 74-Jährigen von einer Rente leben. In Estland und der Slowakei liegt der Anteil bei 54,7 %. Das bedeutet, dass ein großer Teil der Bevölkerung in diesen Ländern relativ früh in den Ruhestand geht, möglicherweise aufgrund der Arbeitsbedingungen, gesundheitlicher Probleme oder der Verfügbarkeit von Vorruhestandsprogrammen. Die umgekehrte Situation findet sich in Spanien, Griechenland und Italien, wo der Anteil der Rentner in der betreffenden Altersgruppe 35 % nicht übersteigt.
Warum sind diese Unterschiede wichtig? Eine Invaliditätsrente ist nicht nur eine Unterstützung für den Einzelnen, sondern auch ein Indikator für den Reifegrad der Sozialpolitik eines Landes. Ein hoher Deckungsgrad von Invaliditätsrenten kann Armut und soziale Ausgrenzung bei Menschen im Vorruhestandsalter verringern. Außerdem verringert sie den Druck auf die Arbeitsvermittlungsdienste, trägt zur Erhaltung des Wohlstands der Haushalte bei und unterstützt den Binnenmarkt.