Jean-Claude Hollerich steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Vatikans

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"Es ist schrecklich, dass Kardinäle, Bischöfe und Priester über das Konklave nachdenken und dafür arbeiten, während der Papst noch lebt", sagte Jean-Claude Hollerich, Erzbischof von Luxemburg, als Papst Franziskus im Februar im Krankenhaus lag. Seine Worte klangen nicht wie ein politisches Statement, sondern wie eine Geste der Loyalität. Dennoch ist der Name des Luxemburgers hinter den Kulissen des Vatikans schon lange als möglicher Kandidat für den Stuhl des Apostels Petrus im Gespräch.
Er wurde 2019 zum Kardinal ernannt, nahm aktiv an der von Papst Franziskus initiierten Synode teil, um über die Zukunft der Kirche nachzudenken, und ist, wie es heißt, "in Rom sehr präsent". Er ist bekannt als ein Mann, der fünf Sprachen spricht, mit einer breiten Palette an internationaler Erfahrung - auch in Japan, wo er einen Großteil seiner Karriere verbracht hat.
Der Vatikanist Sandro Magister nannte ihn 2022 sogar als Favoriten. Doch trotz der positiven Publicity bestreitet Hollerich selbst jegliches Interesse: "Es gibt Männer, die viel qualifizierter sind als ich", sagte er in einem Interview mit L'essentiel und wiederholte dies später auf RTL.
Auch in privaten Gesprächen äußert er diesen Gedanken und betont seine Bescheidenheit, eine Eigenschaft, die in der kirchlichen Tradition, in der das Streben nach Macht eher als Schwäche angesehen wird, sehr geschätzt wird.
Seine fortschrittliche Haltung könnte jedoch gegen ihn sprechen. Die Themen, zu denen er sich offen geäußert hat - vom priesterlichen Zölibat über gleichgeschlechtliche Beziehungen bis hin zur Auseinandersetzung mit anderen Religionen - haben bereits zu Spannungen in den Reihen der konservativeren Kardinäle geführt, vor allem bei denen aus Afrika, Süd- und Nordamerika. Da Franziskus selbst in der Kurie isoliert ist, könnte die Wahl eines weiteren Reformers als zu radikaler Schritt erscheinen.
Es gibt mehr praktische Argumente, die dagegen sprechen: gesundheitliche Probleme und die Tatsache, dass er der zweite Jesuit in Folge auf dem Thron sein wird. Das hat es in der Geschichte der Kirche noch nie gegeben.
Auch die Tatsache, dass Hollerich aus Luxemburg kommt, einem kleinen und sich rasch säkularisierenden Land, spielt ihm nicht in die Hände. Zwar muss der Papst nicht aus einer katholischen Großmacht kommen, doch könnte dies symbolisch als schwaches Mandat gewertet werden.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass das Kardinalskollegium, das 252 Hierarchen (davon 137 mit Stimmrecht) umfasst, zu bunt und unberechenbar ist. Mehr als 80 Prozent der derzeitigen Mitglieder wurden von Franziskus selbst ernannt, was die Wahl eines Nachfolgers beeinflussen könnte. Wie Quellen jedoch betonen, wird der Name des nächsten Papstes nicht allein in Rom entschieden, und der Einfluss der regionalen Blöcke wird spürbar sein.