Rede von Luc Frieden: Luxemburg als Nation der gemeinsamen Zukunft

Source: Luc Frieden Facebook page
In seiner Festrede am 23. Juni 2025 verwandelte Premierminister Luc Frieden eine traditionelle Begrüßung in einen Akt staatsbürgerlicher und politischer Selbsterkenntnis. Im Jahr des 25-jährigen Regierungsjubiläums von Großherzog Henri schlug Frieden nicht nur vor, eine Bilanz des zurückgelegten Weges zu ziehen, sondern auch über die Zerbrechlichkeit der Welt, in der Luxemburg lebt, nachzudenken.
Frieden erinnerte zunächst daran, dass ein Feiertag nicht nur ein Kalenderdatum ist. Es ist ein Moment, in dem sich ganz Luxemburg - mehr als 100 Nationalitäten - seiner gemeinsamen Identität bewusst wird. "Ein Land besteht aus Grenzen, aus Geographie. Und eine Nation besteht aus Werten und Träumen", leitete der Premierminister das Hauptthema seiner Rede ein.
Er betonte, dass eine wahre Nation nicht auf Blut und Boden aufgebaut ist, sondern auf alltäglichen Handlungen, auf der Fähigkeit der Bürger, dem Ausdruck "luxemburgisch sein" täglich eine Bedeutung zu geben. Vor dem Hintergrund der Identitätskrise, die viele europäische Gesellschaften erfasst hat, ist die Botschaft von Frieden von besonderer Bedeutung.
Eine der eindringlichsten Passagen der Rede betrifft den Gedanken, dass Frieden, Freiheit und Demokratie keine Garantien, sondern Aufgaben sind. "Nichts Wertvolles wird ohne Anstrengung gegeben", erinnerte Frieden und wies auf die Notwendigkeit von Wachsamkeit und aktiver Beteiligung an der Politik hin. Er räumt ein, dass sich die Welt in einem "grundlegenden Wandel" befindet und es gerade jetzt wichtig ist, nicht zu vergessen, dass Wohlstand das Ergebnis ständiger Arbeit und nicht des Zufalls ist.
Frieden beschreibt Luxemburg als eine Insel des Friedens und der Freiheit in einer sich verändernden und unruhigen Welt. Er spricht von einem Land, in dem niemand den Krieg fürchtet, in dem das Recht im offenen Dialog geschaffen wird und in dem jeder Mensch eine "unveräußerliche Würde" besitzt. Diese Botschaft klingt wie eine Art Schutzschild, aber auch wie eine Herausforderung: "Um wir selbst zu bleiben, müssen wir uns weiterentwickeln, ohne die gemeinsamen Werte aus den Augen zu verlieren".
Besondere Aufmerksamkeit widmete der Premierminister dem Thema Migration und Multikulturalität. Er wandte sich an diejenigen, die aus anderen Ländern nach Luxemburg gekommen sind, und sagte: "Unser Staat und unsere Nation sind offen für Ihre Träume, Ideen und Beiträge." Er stellte damit die in Europa vorherrschende Rhetorik der "belagerten Festung" in Frage und setzte ihr einen integrativen Patriotismus entgegen.
Frieden ließ es sich nicht nehmen, die Leistungen der Luxemburger hervorzuheben: von den Sportlern Tom Habscheid und Patricia van der Veken bis hin zur Schauspielerin Vicky Krieps, der Regisseurin Christel Henon, der Sängerin Laura Thorn und dem Komponisten Gast Waltzing. Diese Namen stehen nicht nur für Erfolg, sondern sind auch ein Symbol dafür, dass die kulturelle Vielfalt zu einem Teil der nationalen Hauptstadt wird.
Der letzte Teil der Rede klang fast monarchisch: "Es lebe der Großherzog! Lang lebe die Großherzogin und die ganze Familie!" Wichtig ist jedoch, dass auch dieser Teil des Textes in die Gesamterzählung eingebettet war: Der Großherzog erscheint hier nicht als Figur traditioneller Autorität, sondern als Symbol der Einheit - eine Art "lebendes Banner" einer auf gemeinsamen Träumen aufgebauten Nation.