Wenn die Vergangenheit die Zukunft bestimmt: Wie das Leben in einem Wohnheim für Jugendliche zu Armut im Erwachsenenalter führt

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In Luxemburg verbrachten 4,1 Prozent der Erwachsenen im Alter von 25 bis 59 Jahren ihre Jugendjahre ohne elterliche Betreuung - in Heimen oder als Waisen. Nach der jüngsten STATEC-Analyse der Datenbank EU-SILC 2023 ist dieser Teil der Bevölkerung deutlich häufiger von Armut, unsicheren Wohnverhältnissen und sozialer Ausgrenzung betroffen. Die Kluft bleibt auch dann bestehen, wenn andere Faktoren - Bildung, Beschäftigung, Alter - berücksichtigt werden.
Fast zwei von fünf Personen, die in institutionellen Pflegefamilien aufwuchsen, hatten irgendwann in ihrem Leben kein eigenes Zuhause mehr - sie lebten bei Freunden, in Heimen, auf der Straße oder in informellen Einrichtungen. Im Vergleich dazu sind es nur 6,6 % derjenigen, die in einer herkömmlichen Familie aufgewachsen sind. Und zwei Drittel von ihnen haben auch Jahre später noch Schwierigkeiten mit der Unterkunft.
Die finanzielle Situation ist sogar noch alarmierender: 67 Prozent leben in Haushalten, die darum kämpfen, "über die Runden zu kommen", und fast 65 Prozent liegen unter der Armutsgrenze - im Vergleich zu 14,2 Prozent derjenigen, die mit beiden Elternteilen aufgewachsen sind. Dies ist einer der deutlichsten Indikatoren für Ungleichheit, der direkt mit den Erfahrungen des Heranwachsens zusammenhängt.
Nur 25,1 % der Personen, die ohne Eltern aufgewachsen sind, haben einen Bachelor-Abschluss oder einen höheren Abschluss, verglichen mit 51,3 % in der Gesamtstichprobe. Diejenigen, die einen Elternteil verloren haben, haben höhere, aber immer noch unterdurchschnittliche Chancen auf eine höhere Bildung. Dies schränkt die Chancen auf dem Arbeitsmarkt ein, insbesondere im Zusammenhang mit den hohen Qualifikationsanforderungen und den hohen Lebenshaltungskosten in Luxemburg.
Menschen, die ihre Jugend in Internaten verbracht haben, können viel seltener auf Hilfe zählen: 63 Prozent kennen niemanden, der ihnen finanziell helfen könnte, und 22,5 Prozent haben nicht einmal moralische Unterstützung. Im Vergleich dazu sind es bei denjenigen, die in einer Familie aufgewachsen sind, 19,1 Prozent bzw. 9,2 Prozent.
Der Ausstieg aus dem Betreuungssystem bedeutet oft eine abrupte Klippe: Junge Menschen stehen vor dem Erwachsenwerden ohne ein "soziales Polster". Dies ist in Luxemburg, wo die Wohnkosten zu den höchsten in Europa gehören, besonders schmerzhaft.
STATEC erstellte ein statistisches Modell, das Alter, Bildungsstand, Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und Unterstützung berücksichtigt, um den Einfluss dieser Faktoren zu "entschärfen". Das Ergebnis: Auch nach Angleichung der Bedingungen bleibt das Armutsrisiko für Personen, die im Alter von 14 Jahren in einem Internat oder Waisenhaus lebten, um 24,1 % höher als für diejenigen, die bei ihren Eltern aufgewachsen sind. Bei Waisenkindern mit nur einem Elternteil ist dieser Effekt weniger ausgeprägt (2,7 %-3,9 %) und manchmal statistisch nicht signifikant.
Die Studie räumt ihre Grenzen ein: Die Daten umfassen keine Messungen der psychischen Gesundheit, obwohl Traumata in der Kindheit und eine verminderte emotionale Belastbarkeit eine wichtige Ursache für die Anfälligkeit im Erwachsenenalter sein können. Dies unterstreicht, wie wichtig nicht nur das materielle, sondern auch das emotionale Umfeld des Heranwachsenden ist.