facebook
Luxtoday

Fast jeder zehnte Arbeitnehmer in der EU gilt als arm

Zuletzt aktualisiert
05.11.25
Debts in Luxembourg

Towfiqu barbhuiya, Unsplash

Formelle Beschäftigung garantiert keinen angemessenen Lebensstandard mehr - so lautet das Fazit eines neuen Eurostat-Berichts, der am 3. November 2025 veröffentlicht wurde. Nach den Daten für das Jahr 2024 sind 8,2 Prozent der erwerbstätigen Europäer über 18 Jahren von Armut bedroht. Das bedeutet, dass ihr Einkommen trotz Beschäftigung (einschließlich selbständiger Tätigkeit) so niedrig ist, dass es nicht den grundlegenden Lebensstandard nach EU-Standards sichert.

Die Quote variiert von Land zu Land: In Luxemburg, einem der reichsten Länder Europas, erreicht sie 13,4 %, während sie in Finnland nur 2,8 % beträgt. Die Armutsquote unter Arbeitnehmern in der EU weist also eine starke territoriale Polarisierung auf, die häufig nicht direkt mit dem Pro-Kopf-BIP zusammenhängt.

In 22 EU-Ländern ist die Wahrscheinlichkeit, dass Männer zu den "armen Arbeitnehmern" gehören, größer als bei Frauen. Im Durchschnitt sind 9,0 Prozent der Männer gefährdet, gegenüber 7,3 Prozent der Frauen. Besonders ausgeprägt ist der Unterschied in Rumänien, wo er 8,1 Prozentpunkte beträgt. Es gibt Ausnahmen: In Luxemburg, der Tschechischen Republik, Lettland und Zypern sind Frauen häufiger von diesem Phänomen betroffen als Männer.

Die Eurostat-Statistiken stellen die traditionelle Sichtweise auf den Zusammenhang zwischen Beschäftigung und finanzieller Nachhaltigkeit in Frage. Angesichts steigender Preise, unsicherer Arbeitsverträge und Unterbeschäftigung geraten immer mehr Arbeitnehmer in eine soziale Schieflage, obwohl sie jeden Tag arbeiten.

Die so genannte "Working Poor" - die Armut am Arbeitsplatz - ist für Millionen von Europäern zur Normalität geworden. Dieses Phänomen ist besonders ausgeprägt in Ländern mit großer Ungleichheit, flexiblen Arbeitsmärkten und unzureichendem Schutz für Niedriglohnempfänger. Diese Arbeitnehmer haben oft keinen Zugang zu gewerkschaftlichem Schutz, arbeiten mit befristeten Verträgen oder an Arbeitsplätzen, an denen der Lohn die Grundkosten nicht deckt.

Der Indikator "Erwerbsarmut" ist nicht nur eine statistische Größe. Er spiegelt das systemische Problem der Kluft zwischen Arbeit und angemessener Entlohnung wider, insbesondere im Kontext der modernen Dienstleistungswirtschaft. Die Menschen arbeiten, aber nicht um zu leben, sondern um zu überleben. Obwohl die Situation von Land zu Land unterschiedlich ist, ist der allgemeine Trend in Europa alarmierend.

Der Eurostat-Bericht ist Teil der jährlichen Reihe "Schlüsselzahlen zu den Lebensbedingungen in Europa", in der Einkommen, Armut, Ungleichheit, Arbeitsintensität und Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen untersucht werden. Er bietet nicht nur Statistiken, sondern auch Denkanstöße für die Zukunft der EU-Sozialpolitik. Wenn selbst in Luxemburg Arbeit nicht vor Armut schützt, ist das Problem nicht mehr nur eine Frage der persönlichen Umstände, sondern der Struktur des Arbeitsmarktes auf dem gesamten Kontinent.

Feedback senden
Zuletzt aktualisiert
05.11.25

Fotos aus diesen Quellen: Towfiqu barbhuiya, Unsplash

Autoren: Alex Mort

Verwandte Materialien